Das Projekt „Kartographie und Raumforschung in Österreich 1918–1945“ hat zum Ziel, die Kontinuitäten und Wandlungen der Kartographie in Österreich von der Ersten Republik bis 1945 im Kontext der sich zu dieser Zeit entwickelten Raumforschung in Hinblick auf Interdisziplinarität, Verbindung zur Politik und Methodenentwicklung zu untersuchen. Während des Untersuchungszeitraumes stand die Produktion an thematischen Karten nicht nur weitgehend im Zeichen der politischen Geschehnisse, sondern Karten dienten ab den beginnenden 1930er Jahren im Kontext der sich etablierenden Raumforschung zunehmend als Ressourcen für raumwissenschaftliche Planungen. Doch hat die Kartographie nicht nur für andere Forschungsarbeiten Basisdaten zur Verfügung gestellt, sondern von der Raumforschung einen wesentlichen Einfluss selbst erfahren. Im selben Zeitraum lassen sich auch immer mehr interdisziplinäre kartographisch-raumorientierte Studien feststellen, welche von Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen und Institutionen, Fachleuten aus der Praxis und Mitarbeitern diverser politischer Behörden ausgearbeitet wurden. Die forschungsleitende These ist, dass mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten nicht nur Wandlungen im Bereich der Kartographie und Raumforschung stattgefunden haben, sondern es auch zu einer Intensivierung von bereits zuvor vorhandenen Tendenzen kam. Zudem scheint sich der Befund zu bestätigen, dass während des Nationalsozialismus die Initiativen zu kartographisch-raumwissenschaftlichen Projekten in vielen Fällen eher von Wissenschaftlern in Verbindungen mit Verbündeten im Staat und in der NSDAP ausgegangen sind, so dass hier die Rede von einer einseitigen Indienstnahme der Wissenschaften durch die Politik in Frage gestellt werden muss.