Simon Huber (Wien): Buchstäbliche Aufklärung. – Die Emergenz der Anschaulichkeit in Comenius’ Orbis pictus (1658)
Moderation: Anna Echterhölter
HYBRID – vor Ort und online unter:
https://univienna.zoom.us/j/64820480515?pwd=OxWSTMlGHGYHaVykekomQOSUK1wUDk.1
Abstract:
Einer gängigen Einschätzung zu Folge erhob Johan Amos Comenius (1592–1670) „Anschaulichkeit“ zu einer zentralen Maßgabe der Unterrichtsgestaltung, ohne noch diesen Begriff zu prägen. Doch machte er in der Bildenzyklopädie Orbis sensualium pictus (‚Der sichtbare Erdkreis im Bild‘) die zugedachte Funktionsweise schulmeisterlich vor: Die 150 „vornehmlichsten Dinge“ dieser Welt werden repräsentiert, auf jeweils einer Doppelseite, mittels Holzschnitts, lateinischem Beschreibungstext und deutscher Übersetzung – auch unbedarfte Kinder sollten sich durch das Blättern in diesem Werk die darin repräsentierte Welt aneignen können.
Aus diesem Paradigma speisen sich bis heute Hoffnungen auf eine medientechnisch entsprechend raffinierte Vermittlung, die es in naher Zukunft erlaubt, körperliche Präsenz aus der didaktischen Gleichung streichen zu können. Das Medium des Buches wird zum universalen Träger beliebigen Wissens, das nicht mehr der gleichzeitigen Anwesenheit von Lehrenden und Lernenden erfordert, sondern sich selbst mitteilt.
Das medienarchäologische Studium dieses Buchs aus dem 17. Jahrhundert legt die Entstehung eines Codes in der Darstellung von Wissen frei. Dieser Anspruch, Wissen zur selbsttätigen Aneignung aufzubereiten, migriert in außerpädagogische Bereiche, durch Verdinglichung der Anschaulichkeit in Form eines Buchs. Sie ist als zentrales Kriterium des graphischen Interface-Designs in unserer Alltagskommunikation vorzufinden.
Zum Vortragenden:
Simon Huber lehrt und forscht zur visuellen Kultur spielerischer Wissensvermittlung. Er studierte Geschichte und Bildungswissenschaft (Universität Wien) und wurde an der Universität für angewandte Kunst promoviert. Seine Dissertation erhielt 2022 den Staatspreis „Award of Excellence“ des BMBWF. Er leitet das aus dem INTRA-Fonds geförderte Forschungsprojekt „Ludological Investigations“ und publiziert laufend auf www.secondsunrise.at.
Rückfragen: martina.fuchs@univie.ac.at